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Dienstag

by Pippin Wigglesworth-Weider

So stürzt nichts ab, oder wir erschaffen nichts Eigenes, das einmal abstürzen mag. Wir ziehen das Werkzeug durch etwas wie eine Landschaft natürlich aufsteigender und abstürzender Bewegungen. Zwei Räume, zwei Schreibtische, unsere zählbaren Bewegungen sind das Anheben und das Manövrieren des Werkzeugs in der Landschaft ausserhalb unserer Räume, wofür auch unsere Schreibtische fast überflüssig sind. Das zylindrische Werkzeug zu bauen und zu betreiben braucht Energie, aber auch sie lässt sich heranleiten. Ist der Zylinder einmal positioniert, können wir ihn für die meiste Zeit an einen Haken hängen, oder an eine Art robotischer Arm, das Sitzen am Schreibtisch und das Wahren der Laune verbraucht sicher mehr Energie. Der Strom der Bewegungen bürstet nicht uns an unseren Schreibtischen, sondern unser gefühlloses Werkzeug, da draussen. Unsere zwei Räume sind also unvergleichlich ebener als Abteilungen oder Büroetagen. Ich und Jémand, wir sind nicht die unfreiwilligen Teilnehmer eines gemeinsamen Geniessens oder Frustens, wir sind keine Genossen mehr. Wir spüren Bewegungsgefälle, aber es ist das Natürlichste, wenn Leute zwischen einander Gefälle überwinden, ungesund ist die Haltung, die Abteilungen und Etagen aufzwingen, weil hin und her geschossen wird, als würde die Natur am anderen Ende eine Person zur Verfügung stellen, die jeder beliebigen Bewegung entgegen wächst. Es ist diese absurde Verformung, wofür die Genossen bezahlt werden, wie Tennisspieler, die ihr Leben lang zu den Bällen anderer hin rennen. Aber eben. Ich habe mich gegen Täfelung und Ebenholz entschieden, es arbeitet keiner, hier. Ich bin mir unsicher ob Jémand und diese Räume, hier, notwendig sind. Sie kosten mich jeden Monat. Andererseits spüre ich meine Füsse nicht, mein Gefühl geht nur noch bis in die Knöchel. Im Elend, das sich abzeichnet, könnten dem Raum und Jémand wichtige Aufgaben zukommen, mehr weiss ich nicht. Ein Prototyp des Zylinders habe ich für die Dauer eines Morgens und eines Nachmittags in den Strom gehalten, mit seinem runden Eingang an einer Stelle meiner früheren Büroetage. Dort, wo ein früherer Genosse sass, beginnt jetzt der Zylinder, die Bewegungen, die auf dem Schreibtisch meines früheren Genossen landeten, gleiten jetzt zu mir. Damals, zehn Jahre vor meiner Zeit, hier, hatte ich eine Reihe von Zylindern, eigentlich eine rechte Orgel, in den Strom der Bewegungen gehoben. Das Strömen der Bewegungen durch die Orgel spielte eine solche Kantate, dass nur noch schwer zu hören war, wo gerade geschossen wurde, oder genauer gesagt, wohin die Schüsse getroffen haben. Die Grösse des Instruments genügte, um auch ungesehene oder beiläufige Bewegungen ebenfalls in meine Richtung zu lenken. Ähnlich wie ein Planet, krümmte das Instrument alle Bewegungsbahnen, die in seiner Nähe vorbei zogen. Auch aus meiner Perspektive war nur noch schwer sichtbar, wohin ich geschossen, oder wohin ich getroffen hatte. Es ist vergleichbar mit einer Spirale, oder einer Zentrifuge, jedenfalls verliessen die Bewegungen das Instrument nicht geradlinig, sondern so gekrümmt, dass sie eine Wirbelschleppe verursachten, aus der sich das Instrument nicht mehr entfernen liess, eine Art aerodynamischer Riegel. Als ich die Wirbelbewegungen aus meiner Hand verlor, scherten mehrere ganz aus und kollidierten, der Riegel löste sich und die Orgel fiel aus der Luft. Ich bin reich an Erfahrung im Umgang mit solchen Instrumenten, oder solchen zylindrischen Prozessen. Damals schnitten die ungeschliffenen Kanten der Zylinder den Weg der Bewegungen, und es pfiff. Die Musik hatte aber auch etwas Schönes und wirkte heilend auf viele, die in der Strömung oder im Strömungsabriss taumelten oder verunfallten. Diesmal wird nichts pfeifen, es wird keine Berührungspunkte und keine Verletzten geben. Die Musik wird nicht hörbar sein, die Berührung und die Verletzung nicht spürbar. Der frühere Genosse, vor dessen Nase wir die Bewegungen abgefangen, wird seinen Schreibtisch wie an den meisten Abenden verlassen. Er wird denken, ich habe etwas gehört, es hat mich etwas gestossen, ich bin verletzt. Und dann wird er sich wahrscheinlich sagen, es ist nichts gewesen. Von neun bis fünf Nichts für den Einen, aber Entrecôtes für mich und Jémand, eine besondere Flasche Wein. Dafür aber auch keine Poesie.

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