Gleich geht´s nach Essen, ins Folkwang, wo der unaufgeregteste, eigenwilligste, anregendste Bildhauer unserer Zeit die Werkgruppe Frauen präsentiert, eine Serie von 18 großen, in Bronze, Stahl und Aluminium ausgeführten Plastiken, die in zehn Jahren zwischen 1999 und 2009 entstanden. Die Gruppe ist erstmalig in Deutschland vollständig zu sehen.
Als ich einzelne Arbeiten vor Ewigkeiten zum ersten Mal sah, war ich fasziniert und erschrocken zugleich. Diese liegenden, hockenden und aufgerichteten Figuren von Thomas Schütte erinnern an klassische Frauenakte, sind dabei aber teilweise derart verbogen und verformt, dass weibliche Formen weniger als mehr erkennbar sind. Die auf kantig-rohen Stahltischen aufgestellten und abgelegten Raumgebilde sind trotz ihrer plumpen Massivität komplexe Beschreibungen des menschlichen Leibs in instabilen Daseins- und Gefühlszuständen. Die Vorbilder in Keramiken sind auch zu sehen.
Bin sehr gespannt und habe ein wenig Angst vor der Masse der trutzigen Weiber. Wo steht man da selber im Schreiten durch die (metallene) Wüste und den (stillen) Harem? Gleichwohl ist Schüttes rabiater Umgang mit dem Motiv kein schnöder Tabubruch, die längst über Bord geworfene Formwelt der klassischen und anderer Modernen abzuwerten, sondern er überprüft künstlerische Ausdrucksmittel in harten Operationen am offenen Werkbegriff – für ein Heute, ein Hier und ein Jetzt. Freu mich wirklich sehr drauf, denn alles ist ganz entspannt, sagt Schütte, „jetzt, wo der Stress weg ist, alle naselang eine Revolution machen zu müssen.“