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Mittwoch

by Pippin Wigglesworth-Weider

Es stand nicht viel herum, Schränke geschlossen entlang einer Wand, im Sechsten von sieben das Schrankbett, dann der Schreibtisch, also vor allem dunkel parkettierter Boden, helle Wände und Decke. In meinem Rücken, falls ich am Schreibtisch sass, die vier grossen Fensterscheiben in ihren Rahmen, und falls ich mich drehte, die Aussicht auf Bäume und Buschwerk gegenüber, oder die Nebenstrasse, unten, und Nachbarschaft. So war das damals. Im Bett schaute ich zur Decke, an die Wände, oder in den Schrank aus dem ich das Bett herunter gezogen hatte. Ausgeklappt stand es im rechten Winkel zur Schrankwand auf dem Boden. Am Morgen klappte ich es wieder hoch. Tagsüber blieb das Bett eingeklappt, ausser an einigen Wochenenden. Ich wusste natürlich, dass hinter der einen Schranktür keine Bücher ruhten, sondern mein Bettchen. Das wusste nicht jeder, vielleicht schien es als habe ich viele Bücher, aber kein Bett. Und es gab diesen Gurt, mit dem Laken und Decke vor dem Zuklappen an der Matratze befestigt werden mussten. Oder verwechsle ich etwas. Ein Schrankbett unterhält die Fantasie. Was bei den meisten Betten zwischen den Laken liegen bleibt, fiel beim Hochklappen in den Schrankboden, Haare, Härchen, Hautschuppen, Textilfusel, Krümel. Das Kissen fiel immer wieder in den Schrankboden, beim Herumwälzen im Bett, und dieser Staub klebte daran. All das konnte abgeschüttelt werden, das war kein Problem. Während dieser zehn oder zwanzig Jahre. Aber diese Wände, und das Licht von der Strasse, das ein Quader an die Wand strahlte, eine Axonometrie der Fensterscheiben, sie sind hierher gekommen, ins achte Stockwerk. Als ich aus dem Büro getreten war, und die Tür zu zog um abzuschliessen, erschienen drinnen die Wände und das Quader dieser zehn oder zwanzig Jahre. Vielleicht waren es die Geräusche der Tür und die Geräusche des Schrankbetts, die ich miteinander verbunden habe. Ich schaute etwas länger in den Raum, das Quader, die Jahre. Jémand war noch drin, natürlich, ich habe immer versucht beim Hinausgehen keine Unterscheidungen zu machen, beim Hinausgehen auch immer drinnen zu bleiben. Diese Leute. Bemerken sie nicht die Verbindung mit dem Moment in dem sie im Lift feststeckten oder aus einer Verhörzelle auf die Strasse liefen, in dem sie oder ich fremde Post abfingen oder die Sachen der Verstorbenen in den eigenen Keller brachten. Ich bemerke das ständig. Oder das Geküsse und das Getanze. Es ist wie ein flatterndes Netz. Als ich die Tür in der Hand hielt und in den Raum blickte, stand ich zum Teil in der Achten Etage, zum Teil lag ich im Schrankbett und schaute an das Quader, oder es fiel mir schwer spätere und frühere Quader voneinander zu unterscheiden, oder mich selbst, im Wandel der Zeit. Die Schrankbettgefühle kamen mir hoch und ich ging wieder hinein. Jémand sass an seinem Schreibtisch und zischte. Hätte ich den Gurt etwas lösen sollen. Sein Kinn war voller Speichel. Ich löste ihn also ganz, aber Jémand rannte hinaus, und sagte nicht auf Wiedersehen.

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