Der Posten des Gesundheitsministers ist besetzt. Diesen Sommer sah es eine Weile aus, als würde Jens Spahn, das geschliffene Jungeisen der CDU, es werden: Er hatte die nötige Portion Chuzpe, die SZ nannte ihn einen „Mann wie eine Walze“. Geworden ist es Hermann Gröhe, einer der, Pardon, aussieht wie eine in die Jahre gekommene Version des Zwieback-Blondschopfs.
Spahn gibt die interessantere Figur ab. Schon mit 15, erzählte er mir diesen Sommer, trat er in die Junge Union ein. Seine Politisierung ließe sich auf die Castorproteste in Gorleben zurückführen. Nein, er ist nicht der falschen Partei: „Wir haben damals so eine Art Anti-Anti-Bewegung gestartet“, von agitierenden Lehrern wollte er sich eben nicht sagen lassen, was er zu denken habe. Verbessern wolle er flächendeckende Versorgung und Technik. Die sei im Gesundheitssektor ja teils organisiert wie in den 80ern. „Mittlerweile gibt es Apps, die deinen Blutzuckerwert messen und direkt an den Arzt weiterleiten. Da verändert sich viel. Man muss diesen Rückstand begleichen.“ Andererseits: „Die Lebenserwartung steigt in Deutschland täglich um vier Stunden – jeden Tag! Vier Stunden! Man muss sich das mal klarmachen: Wenn Sie heute ins Bett gehen können Sie vier Stunden an Ihr Leben dranhängen!“
Und, geoutet in der CDU, geht das? „Klar. Wieso nicht?“ Es habe schon mal blöde Sprüche gegeben, das verstehe er aber. „Manche tun sich da eben erst mal schwer. Es gab aber überall Diskussionsbereitschaft.“ Plötzlich klingt er fast subversiv: „Wir sind nicht Avantgarde. Doch es ist wichtig dass die CDU das Thema Schwul-Sein diskutiert. Da werden Gruppen erreicht, die man zuvor nicht erreicht hätte. Wenn der grüne Szenefunktionär aus Köln da was sagt, interessiert das im Münsterland doch niemanden mehr.“ Dann kommt aber doch der Unionler durch: „Wir müssen das Thema als Wertedebatte führen! Wenn es uns als Wert gilt, dass zwei Menschen sich in einer rechtlich abgesicherten Institution füreinander entscheiden, dann müssen wir dafür auch einstehen. Ich bin wertekonservativ, nicht institutionenkonservativ.“
Noch eine Frage in eigener Sache: Als handfester Konservativer: Was bedeutet Deutschsein? „Man muss nicht unbedingt hier geboren sein. Es geht um eine emotionale Verbindung! Das kann man gar nicht in Worte fassen, das ist“, ein suchender Spahn, „wie mit der Liebe. Heimat ist ein Gefühl. Wir brauchen ein gesundes Selbstbewusstsein dafür, wofür dieses Land steht. Manchmal heißt Heimat auch einfach, sich in Rom zu freuen, wenn man da sein Pils trinkt.“
Von wegen Gesundheit.